Themenabend „Politik zwischen Parlamentarismus und sozialen Bewegungen“
Wie können Ziele linker Politik im parlamentarischen Rahmen erreicht werden? Und wie kann DIE LINKE gemeinsam mit Bewegungen außerhalb des Parlaments die politischen Entscheidungstragenden in ihrem Handeln beeinflussen? Diesen und weiteren Fragen gingen neue und auch langjährige Genoss*innen im Rahmen eines digitalen Themenabends nach, der vom Arbeitskreis Politische Bildung der Münchner LINKEN organisiert wurde. Geladen waren Maria Mayr, Bezirksrätin (DIE LINKE) im Bezirkstag Oberbayern, sowie Johannes König (DIE LINKE OV Süd), Organisator der Initiative #noPAG (Polizeiaufgabengesetz). Moderiert wurde das Zoom-Treffen von Wolfgang Schulz.
Zunächst erklärte Maria den Aufbau sowie die Funktionsweise des Bezirkstags. Der Bezirkstag als dritte kommunale Ebene im Freistaat beaufsichtigt die Verwaltung und hat keine gesetzgebende Funktion. Er überprüft folglich „nur“, ob bzw. wie die Landes- und Bundesgesetze umgesetzt werden.
Konkrete Einflussnahme kann z. B. durch gezielte Nachfragen erfolgen, auf deren Antworten dann Anträge erstellt werden können. Da es im Bezirkstag aber keine linken Mehrheiten gibt, sei es schwer, progressiv linke Politik durchzubringen und umzusetzen. Anträge der LINKEN werden oft von der Kooperationsgemeinschaft aus CSU, Freie Wähler und SPD von der Tagesordnung genommen.
Entmutigen lässt sich Maria von diesen Strukturen jedoch nicht – im Gegenteil: Sie sieht die Aufgabe der LINKEN-Fraktion darin, „der Nadelstich im Arsch der anderen zu sein“, indem beispielsweise fragwürdige Prozesse und Entscheidungen skandalisiert würden. Es sei deshalb wichtig, nicht locker zu lassen, wenn es etwa um die Verbesserung der Lebensumstände von Menschen mit Behinderung geht. Gleichzeitig gelte, die kapitalistischen Verhältnisse als Ursprung dieser Ungerechtigkeiten zu benennen. Ganz in diesem Sinne orientiere sich die Arbeit der Fraktion der LINKEN im Bezirkstag am Konzept der revolutionären Realpolitik von Rosa Luxemburg, welche außerdem die Selbstermächtigung („Schicksal in die eigene Hand nehmen“) in den Mittelpunkt stelle. So gebe es beispielsweise eine sehr enge Zusammenarbeit mit Aktivist*innen der „Behindertenrechtskonvention von unten“. Dadurch gelinge es, die Interessen der Menschen, die von den verwaltungsrechtlichen Entscheidungen betroffen sind, durch die gestellten Anträge zu vertreten.
Wie sich Ziele linker Politik außerhalb des parlamentarischen Raums durchsetzen lassen, erläuterte Johannes. Er machte zunächst den grundlegenden Unterschied zwischen linker und rechter Parlamentarismuskritik deutlich.
Eine linke Perspektive nehme dabei stets das Demokratiedefizit in den Fokus: Dort, wo sich Macht konzentriert (Banken, Großkonzerne, repressive Staatsapparate), finde keine oder nur wenig demokratische Kontrolle statt. Gleichwohl sei die bürgerliche Demokratie eine Errungenschaft, die es zu verteidigen gelte, wenn sie von rechts angegriffen wird. In diesem Zusammenhang verwies Johannes auf den gravierenden Abbau demokratischer Rechte im Rahmen des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) und führte die Erfahrungen rund um die noPAG-Proteste aus. Das Gesetz wurde zwar 2018 trotz des großen Widerstands in der Gesellschaft durch den Landtag gepeitscht, die Regierung setzte jedoch als Reaktion auf die Kritik und die bayernweiten Demonstrationen (München: 40.000 Teilnehmer*innen) eine Kommission ein, um das PAG zu evaluieren. Mittlerweile hat diese ihren Bericht abgeschlossen und die Regierung zu punktuellen Entschärfungen des Gesetzes bewogen. Dies stelle, so Johannes, für die noPAG-Bewegung einen späten Teilerfolg dar.
In der abschließenden Diskussion wurde deutlich, wie die DIE LINKE in sozialen Bewegungen verankert ist und weiter verstärkt sein muss. Hier sahen die Neumitglieder auch Ansatzpunkte in ihrem Lern- und Arbeitsumfeld. Dazu gehört auch die besonders die Aufgabe der (auch neuen) Mitglieder, die Erfolge linker Politik per Mundpropaganda zu verbreiten, da wir uns auf die bürgerlichen Medien nicht immer verlassen können.